Dienstag, 30. Oktober 2007

Dat Wasser vun Kölle is jot

Es gibt ein paar Dinge, die sind überall auf der Welt gleich. Die Schwerkraft zum Beispiel. Und Coca-Cola. Aber wer schonmal in einem fremden Land Wasser aus der Leitung getrunken hat, wird mir zustimmen, daß Wasser nicht gleich Wasser ist. Selbst innerhalb von Köln macht es einen geschmacklichen Unterschied, an welchem Rheinufer sich der Wasserhahn befindet. Ich bin aufgewachsen mit dem harten Linksrhein-Wasser (das durch reichlich Kalk zum Schutz der maroden Leitungssysteme neutral, aber 'trocken' schmeckt - lach nicht!) und war die letzten Jahre mit "Eau de Schäl sick" gesegnet, das zum Teil direkt aus den Quellen des Bergischen Landes stammt und etwas weicher ist. Beide Geschmäcker würde ich als neutral bezeichnen, eventuell, weil ich drauf geeicht bin. Aber allgemein ist ja Leitungswasser das am allerstrengsten geschützte deutsche Lebensmittel. Wenn man das dann noch durch nen Brita-Filter jagt, kann man bis zu 20% davon in den Apfelsaft mischen, ohne daß der wässrig schmeckt.

So, und jetzt mal zum Vergleich die bisher verkosteten australischen Wässerchen:
Melbourne schmeckt nach Würstchenbrühe. Ich dachte, gleich hackt's. Das Leitungswasser hier hat nicht nur ne rauchige Note (die man je nach Zapftemperatur sogar riechen kann), sondern auch einen leicht fettigen Abgang. Das war anfangs unter der Dusche besonders schwer zu ertragen und verbraucht tatsächlich erstaunliche Mengen Duschgel, um mal etwas Schaum zu bekommen. (In Singapur dagegen, wo es jeden Tag regnet, ist das Wasser so weich, daß man mit dem Shampoo geradezu aufpassen muß, dafür hat's aber ordentlich Chlor. Nur lang nicht so viel wie in Wroclaw, Polen. Aber zurück zu australischem Wasser!) Warum also ist Melbournewasser so wurstig? Meine Vermieterin gab mir den entscheidenden Tip: Waldbrände. Das Wasser kommt zu einem kleinen Teil aus dem Yarra River, der bis hierher schon eine weite Reise und viel Verdunstung hinter sich hat (das bedeutet allerlei Salze) von 9 Reservoirs, die in bewaldetem Bergland liegen. Wenn so ein Wald brennt, wäscht sich die Asche und der Ruß mit dem Regen in die Reservoirs. Bis das zur Unkenntlichkeit verdünnt ist, dauert Jahre. Da hammers. Das erklärt sowohl den Geruch als auch die seltsame Haptik. Ruß ist fettig.
In den Parks gibt es öffentliche Trinkwasserspender. Die Dinger, die einem auf Knopfdruck in den Mund spritzen. Die schmecken mittags anders als nachts. (Nachts bestens, erfrischend, nicht irritierend. Tagsüber wieder eher nach Würstchen). Ob je nach Tageszeit unterschiedliche Reservoirs angezapft werden?? Keine Ahnung.

Warum allerdings Ballarat-Wasser nach Joghurt schmeckt (wenn auch wesentlich subtiler), konnte ich bisher überhaupt nicht klären. Auf jeden Fall fühlt man sich dort nach dem Duschen fraglos sauber. Dafür ist beim Trinken eine Spur von Chlor zu spüren, aber durchaus verschmerzbar.

Ich hab mir sagen lassen, daß in Western Australia, da wo's am wüstesten ist, für eine Waschmaschinenladung ein halbes Paket Waschmittel fällig ist, so hart ist das Wasser da. Alles eingedickte Steinbrühe. Werd natürlich ein Schlückchen testen, wenn ich da mal hinkomme. Extrem kostbares gut da oben. Noch schlimmer als hier. Jahre der Dürre (Niederschlagsarmut) haben zu Verbrauchsbeschränkungen beim Wasser geführt. Je nach Sperrstufe ist es mehr oder weniger verboten, den Garten mit Leitungswasser zu versorgen. Leute in den Vorstädten und auf dem Land haben daher sehr häufig ein Schild im Vorgarten, das besagt "grey water in use on this garden" (Für diesen Garten wird Schmutzwasser verwendet). Händewaschwasser inclusive Seife, der Inhalt der Badewanne, auch das Abgepumpte der Waschmaschine, selbst wenn's schäumt, all das ist besser für die Pflanzen als gar nichts. Manche leisten sich auch einen Regentank und sammeln, was ihr Dach hergibt. Bei einer älteren Lady in Ballarat habe ich an einem sehr heißen Tag um Auffüllung meiner Wasserflasche gebeten. Sie benutzte nur ihr eigenes Regenwasser. Ich war durstig. Dachte zwar an all den Staub, den so ein Dach zwischen den Güssen fängt, aber wenn sie das täglich trinkt und noch so fit ist, kann das so schmutzig nicht sein. Es war köstlich. Und ich hab den ganzen Liter weggesteckt. Kein Durchfall. Das war kostbar. Eigenes Regenwasser. Selbst gezapft im Garten. Lecker.

Unser Nachbar Tim hat nen Whirlpool, den keimfrei zu halten ein Balanceakt ist, denn wenn er zuviel Peroxid reinmacht, kippt der pH-Wert um in hautunfreundliche Lauge, und das kann ja auch nicht der Zweck sein. Wasser wechseln? Nicht dran zu denken. Tim ist überdies frustriert von der Dussligkeit der Regierungsbehörden, mit denen er dienstlich zu tun hat. Er ist nämlich Physiker und arbeitet an Entsalzungsanlagen. Hat ein Projekt in der Schublade, mit dem er für den Preis eines Einfamilienhauses eine Anlage bauen könnte, die das Trinkwasserproblem von ganz Philipp Island lösen würde. Und sie wissen nicht so recht, ob sich das lohnt. Vielleicht sind sie blöd. Vielleicht muß aber Tim auch einfach nur Augenkontakt trainieren. Könnte sein, daß dies reicht, um sie zu überzeugen, daß er nicht bloß ein Hirnie ist, sondern jemand, dem man zuhören sollte. Und vielleicht muß er das ganz für Doofe erklären und sie Schritt für Schritt zur Zustimmung anleiten. Das alleine könnte schon den rettenden Unterschied machen. Diese Beobachtung speist sich aus meiner bisherigen Erfahrung an der neuen Arbeitsstelle, aber das ist ein anderes Kapitel.

In meiner ganzen Zeit hier habe ich erst zwei Flaschen Wasser gekauft. Ich seh's nicht ein, daß sowas wie Wasser kontinental verkarrt und interkontinental eingeflogen wird. Außerdem bin ich neugierig und erlebnisdurstig, so daß in der Zeit, als ich das verfügbare Leitungswasser noch zu fies fand, die Softdrinks an der Reihe waren. Einige waren grausam, andere liebe ich bis zum Wahnsinn. Das aber ist schon wieder ein anderes Kapitel. Für heute ist mal genug.

Prost! Trinkt ein Glas deutsches Trinkwasser auf mich, auf Tim und auf die ausralischen Vorgärten.

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