Freitag, 25. Januar 2008

Auckland

Status Quo:
Ich bin wieder alleine. Stefan ist nun seit ueber ner Woche wieder zuhause und so eben uebers Jetlag weg.

Location:
Ich haeng schon viel zu lange hier in Auckland, das heisst: erstmal bin ich gar nicht hin gekommen. In Manukau (per Auto recht praktisch nah am Flughafen), wo wir bei lieben Leuten untergekommen waren, fahren naemlich die Busse nur sehr spaerlich. Und man (ver)laeuft sich nen Affen bis zur Haltestelle. Oder um das Haus zu finden. Das ganze Wohnviertel besteht naemlich aus Schnellstrasse mit eingestreuten Flaechen aus weitlaeufigen labyrinthischen Sackgassen, die gleichfoermig einstoeckig bebaut sind und zur sonstigen 'Orientieung' so ziemlich denselben trockenen Rasen als Vorgarten haben. Das stellte ich fest, als ich zum erstenmal den Bus benutzte, naemlich nachdem Stefan und das Auto am Flughafen geblieben waren.

Nun, ich habe grob gepeilt, unnoetige Kilometer gefressen und wenn ich mal wieder falsch war, an Haustueren geklopft und gefragt, ob die Leute eine Strassenkarte haetten. (Die Strasse, wo unsere Freunde wohnen, kennt naemlich keiner, sie ist eine Microsackgasse, die von einer Minisackgasse abgeht.) Im Endeffekt, um es kurz zu machen, wurde ich fuendig und kam irgendwann fix und fertig 'zuhause' an.

(Einschub damaligen Gemuetslage:
Wenn man gerade den Liebsten aus symbiotischer Naehe wieder in die weite Welt entlassen hat und dann total verirrt in einer nicht fuer Fussgaenger gebauten Wohnwueste rumsteht, ist man unleugbar deplaciert und bis zur Besinnungslosigkeit einsam. Das kann ich Euch versichern. Die Frage laesst sich in dem Moment nicht abschuetteln: Was um alles in der Welt mache ich hier eigentlich?)

Stefan und ich hatten in unserm Zelt im Garten geschlafen. Nun wurde ich ins Babyzimmer umquartiert und das Baby zu den Eltern. Bin bis gestern bei ihnen geblieben und nun in ein Backpacker Hostel umgezogen, weil irgenwann ja auch mal gut sein muss. Hab die erste Nacht hinter mir und bin fuer die kommende besser vorbereitet: Hab die Ohrstopfen ausgegraben. Gestern, samstagnacht um halb drei(!!) im Zimmer donnerten die Baesse aus mindestens 4 verschiedenen Diskotheken, dazu wohlgelaunte Aufheuler von Automotoren und gelegentliches Suffgebruell. Fenster zumachen war nicht drin, in nem schwuelen Sechserzimmer. Haette bestimmt eh nichts gebracht, denn Doppelglas ist hier nicht ueblich. Tagsueber grollen die Motoren an der Infraschallgrenze, dass der Boden wackelt und ich belegte Ohren kriege, und das nur, weil sich in unserer Strasse alles staut. Wo wollen die bloss hin?

Naja, nochmal zur City: Ich hab es immer oefter gewagt, von Manukau nach Auckland zu pilgern. In der Zwischenzeit habe ich nette Busfahrer getroffen, von mir fremden aber ortskundigen Frauen Chauffeurdienste bekommen, ne Deutsche, die hier bleiben will, fuer nen Nachmittag in der City getroffen...
...sogar tolle Straende, gesellige BBQs mit weiteren Bekanntschaften und losen Einladungen zum Schnorcheln waren dabei.

Das aendert aber alles nix daran, dass ich mit dieser Stadt nicht warm werde.
Ali, der Nachbar meiner Freunde in Manukau, wird heute 5, ich bin zum Geburtstag eingeladen und stellte soeben (10:30 morgens) fest, dass laut meinen Fahrplaenen sonntags ueberhaup kein Bus da raus faehrt!!! (Und an Wochentagen ne volle Stunde, zuzueglich mindestens 30 Min Lauferei.)

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(fast zwoelf Stunden spaeter)

Ich hab heut nochmal mein Gepaeck ausgemistet.
Zum wievieltenmale? Egal. Diesmal hab ich ne Kiste mit Zeug in Treppenhaus gestellt zum Mitnehmen, wers brauchen kann. Wenn die Waesche trocken ist, wird auch der Textilsektor nochmal um 30% erleichtert. Dafuer belohn ich mich morgen mit einem Tagesausflug auf eine der vorgelagerten Inseln (zB Waiheke), vorausgesetzt ich finde schnell genug ein Postamt, das ein weiteres Haeufchen aussortierten Kram fuer mich nach Deutschland bringt.

Einen dringenden Rat hab ich noch fuer alle, die nach Neuseeland kommen (der gilt gleichermassen fuer Australien:) Vergesst Doener bzw hier nur bekannt als Kebab oder Kabab. Lohnt sich NIE. Frisch selbstgebackene Fladen koennen die sich nichtmal VORSTELLEN. Den obligatorischen Weiss- und Rotkohl hab ich hier noch nie dazu gesehen. Und das ist erst der Anfang: Der erste, den ich hatte, war mit komisch gewuerzten Hackfleischbroeckchen bestueckt. Dafuer durfte ich dann zwischen 6 verschiedenen Sossen waehlen. Hommos ist ja toll, Joghurt, Knoblauch kennt man. Aber Barbequeue? MAYO??? Ketschup?? Im Nachhinein haette ich vielleicht besser Ketschup genommen, denn das Ding machte keinen Sinn. Heute hab ichs nochmal versucht, denn zum Fruehstueck hatte ich doch schon wieder Sushi gehabt - gutes Pfund fuer 5 NZ$. Lammdoener gabs. Fuer 7,50. Mit Minzsosse (! Was kann da noch kommen). Jetzt koennte man sagen, war ich ja selber schuld, dass der nicht schmeckte. Aber das war nicht der Grund: Hat irgendwer von euch schonmal erlebt, dass im Angesicht des grossen Doenerspiesses der Servierer ein ganz anderes Fach oeffnet und lauwarmes Geschrapptes rausholt, das aussieht wie in der Microwelle aufgewaermter Tiefkuehlgyros (also nix mit Bratenkruste) - und auch so schmeckt, nur ohne die Gewuerze? Mein Beileid... aber doch bestimmt nicht in Deitschland oder in der Tuerkei, oder??

War trotzdem gut, dass ich da gegessen habe. Kam mit dem Ladenbesitzer ins Gespraech, der mir die Ueberlebensschwierigkeiten von Kleinunternehmen in Neuseeland erklaerte (halten sich wenige Jahre, scheitern an Markt, Infrastruktur und Steuer und gehen dann haushoch pleite. Das ist der Preis, den Einwanderer fuer ihre Staatsbuergerschaft bezahlen), und mit einer anderen Unternehmerin: Traditionell chinesische Massagepraxis mit Beautysalon und Akupunktur. Jeden Monat kommen Kunden, die ihre Einrichtung mit einem Bordell verwechseln. Sie ringt nach Worten und Namen, die den Leuten die dummen Ideen austreiben, verwahrt sich dagegen, auf die Dauer laufen ihr die guten Maedchen trotzdem weg und 9 von 10 anderen Chinesen sagen sie solle sich nicht so anstellen und mit dem Markt gehen. Wenn die Kunden das erwarten, sei doch schnelles Geld zu machen. Sie sagt, innerhalb von zwei Jahren sei das die normale Entwicklung einer Neugruendung in ihrer Branche, aber ihr Weg sei das nicht. Sie beobachte das mit Entsetzen. Die Frau schreibt an einem Buch. Eigentlich sollte es was romantisches werden, aber jetzt hat sie richtigen Stoff.

So siehts aus. Ueberall wo chronisch zuviele (entwurzelte) Leute sind.

Deswegen geh ich ja auch in die Hawkes Bay und mach mich irgendwie in der Apfelernte nuetzlich. Die Fahrt kostet soviel wie drei Tagesnetzkarten fuer Auckland und bringt mich in eine schoene Ecke, die Stefan und ich auf unserem Trip aus Zeitmangel ganz auslassen mussten.

Davor wirds hier nochmal richtig interessant: Wenn bei Euch dieses Jahr Aschermittwoch ist, haben die Neuseelaender ihren Nationalfeiertag: Waitangi Day, den Jahrestag der Unterzeichnung des Kolonialvertrages der Briten mit den Maori.
Und ich bin freiwilliger Helfer beim Waitangi day Festival in der Okahu Bay. Das beinhaltet hauptsaechlich Muellpolizei spielen und geht einher mit einer offiziell traditionell rituellen Aufnahme in den Stamm (Willkommenszeremonie, aber eben nicht fuer zahlende Touristen), Festreden, Essen am Vortag, Uebernachtung im Marae (Versammlungshaus), Frueh aufstehen und Muelltonnen aufbauen, Festival-Einsatz, Erdloch ausheben, Festival abbauen helfen und zum Abschluss ein Hangi (traditionell kochgrubengedaempftes Maori-Festessen) unter uns. Da freu ich mich drauf. Und am naechsten Morgen sag ich : "tschuess Auckland."

Jetzt sag ich Euch tschuess. Bin naemlich muede. Schoenen Rosenmontag, was auch immer Ihr anstellt.

Ach, bei Euch ist ja noch Sonntag.

Naja viel Spass eben!

2 Kommentare:

  1. moin, ich schau gerade auf die pyramiden hinter dem monitor in der sonne. emails nach schneit es in hamburg. mir gerade egal und lass dir versichert sein: in ägypten sind die falafel großartig. liebe grüße, spooneye.

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  2. Etlichemale hallo Spoony!

    Letzteres war mir nicht neu, ersteres ist ne nette Ueberraschung. Freu mich fuer Dich. Viel Spass bei den Kamelen! Und bau doch mal ne Sandburg :)

    Xoni

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