Samstag, 22. September 2007

Singapur

Eins ist klar: 4 Kalendertage Singapur waren mir nicht genug.

Sie reichten, um herauszufinden:
  • daß in Singapur immer mit Regen zu rechnen ist, dies aber völlig wurst ist, weil sich das Leben zu 90% vollklimatisiert abspielt und auch die Wäsche, die man aufhängt, trotzdem trocken wird, solange sie drinnen hängt; daß es auch an kühleren Tagen reicht, in einen Seiden-Innenschlafsack zu kriechen... daß man also herzlich wenig Gepäck braucht.
  • daß Singapur bevölkert ist von freundlichen, hilfsbereiten Menschen:
    • Mein Taxifahrer, der mir wiedreholt bescheinigte, ich sei ein Glückspilz... Er drückte das so aus: 'happy go lucky' Glück, mit ihm zu fahren (weil billiger), Glück, hier eine Gastgeberin zu haben, Glück, einen Schatz zuhause zu haben (wobei ich später lernte, daß auf die von Männern wie Frauen gleichermaßen gern gestellte Smalltalk-Frage, ob man verheiratet sei, bloß eine einfache behördliche Familienstandangabe erwartet wird, damit sie einen nämlich korrekt anreden können, frau muß sich also nicht übermäßig erklären, es sind keine Heiratsabsichten darin versteckt)...
    • Meiner freundlichen Gastgeberin S., die für mich ein eigenes Zimmerchen frei hatte und sogar ein noch aufzuladendes Magnetbahn-Ticket bereit hielt (was sonst Pfand gekostet hätte) sowie eine Prepaid-Telefonkarte, um mir Roaming-Gebühren zu ersparen; die mich mit Stadtplänen, freiem Internet und einer Gesichtsmaske versorgte und zum Abendessen zum nächstgelegenen Freßtempel eskortierte und die mich verdammt noch mal nie was bezahlen ließ...
    • Meiner überaus bewanderten und sehr unterhaltsamen Shoppingberaterin F., die trotz kaum ausgestandener Erkältung mit mir ausdauernd durch Chinatown bummelte und Besonderheiten rauspickte, mir zu besseren Deals, fabelhaften Snacks und tieferem Verständnis verhalf...
    • fremden (Nachbarn), die mich ansprachen, ob ich Hilfe bräuchte, als ich ein bißchen am Bahngleis rumstand und die Gegend beguckte
    • einem erklärtermaßen verrückten Elektronik-Alträucher, mit dem ich ein wunderbares Schwätzchen hatte
    • einer Oma, die mich fragte woher, wohin, wieso, Familienstand etc (bis das halbe Bahnabteil interessiert schaute)
      ...und so weiter.
  • daß man in Singapur wunderbar essen kann bis zum Umfallen
    • im Food Court (wörtlich: Futterhof), das ist eine äußerst praktische Ansammlung von Imbißständen, an denen man sich einzeln oder als Gruppe das sehr verschiedene Essen nach Belieben zusammen kauft, um es dann an einem der reichlich vorhandenen Tische im Mittel- oder Außenbereich zu verzehren. Ich hatte zum Beispiel eine Suppe mit quadratisch zugeschnittenen Nudelblättern (das ließe sich mit Lasagneblättern nachahmen), die war ganz köstlich. Hab leider den Namen vergessen.
      • Achtung im Food Court: Servietten/Taschentücher müssen selbst mitgebracht werden. Ich habe nie und nirgends welche gesehen und immer welche nötig gehabt. Es gab die zwar in Supermärktchen zu kaufen, aber wer braucht schon wiederum gleich 8 Pakete? Getränke werden da üblicherweise auch nicht verkauft, dürfen aber gerne mitgebracht werden.
    • Im chinesischen Restaurant (richtiges Restaurant): Hot Pot (Suppenfondue) und Buffet bestellen ...und freut Euch auf etwas, das viel variantenreicher ist als das, was in Deutschland als 'chinesische Küche' verkauft wird!
    • beim Inder: Vorsicht, es ist alles etwas gewürziger, schärfer, süßer als gewohnt. Ich muß zugeben, daß ich den Mango-Lassi in Köln lieber mochte und das Menü - selbst der Nachtisch - dermaßen mit meinen sonst sehr geschätzten Weihnachtsgewürzen überladen war, daß es mir irgendwann zu seifig wurde. Leider. Das war aber auch in Little India, wo sich kein Koch mehr zurücknehmen muß.
    • Von Bäckereien, Marktständen, Saftbars... Überall lauern irgendwelche kulinarischen Neuigkeiten. Zu den nebenbei gemüffelten Leckereien gehörten bei mir:
      • Drachenbart-Konfekt (Dragon's Beard Candy) - eine ehemals den Kaisern vorbehaltene Süßigkeit, die aus handgezogener(!) Zuckerwatte mit eingerollten gerösteten Erdnußsplittern besteht. Mein Video von der Herstellung ist beim Übertragen wohl beschädigt worden. Ich hoffe aber, das nochmal retten zu können. Sieht aus wie ein Seidenraupencocon und schmeckt, wenn es erstmal auf der Zunge zergangen ist, wie Mister Tom Riegel, die ich als Kind immer nur im Zoo gegessen habe (Erdnußkrokant). Also, wenn ich dieselben Zutaten hätte, würde ich wohl Krokant draus machen, weil ich schlicht zu faul wäre für diese spektakuläre Zubereitungsform. Außerdem sieht Mister Tom nicht so traurig aus, wenn man ihn ganz unten im Rucksack vergißt (hab leider den Rest vom halben Dutzend völig zerdrückt mit den daraufgestapelten Einkäufen).
      • Durian, eine riesige, stachelige, Stinkige Frucht, deren Transport in der Magnetschnellbahn von Singapur streng verboten ist und deren Fruchtfleisch man entweder liebt oder haßt. Ich fands ganz lecker, serviert in einem Windbeutelchen. Der Geschmack läßt sich am besten mit 'Porree in französischem Weichkäse' beschreiben, die Textur auch, nur die Porreefasern bitte wegdenken. Eher wie reife Avocado. Wie gesagt, war sehr lecker. Nur als Dessert vielleicht etwas irreführend. Gerne wieder. Meine chinesische Shoppingberaterin war begeistert von meinem Sinn für Geschmack. Ihr Freund hat das Zeug noch nie angerührt. Meine Gastgeberin mag es auch nicht.
      • Moon Cakes (Mondpastete), einen saftigen, reichhaltigen Festkuchen, der zum Mondfest gegessen wird. Obwohl es sich um ein recht kleines Gebäck handelt, wird es nie am Stück gegessen, sondern immer in Häppchen zerlegt und meistens unter Freunden geteilt. In etwa vergleichbar mit gebackenem Marzipan, etwas öliger, plus Geschmackszutaten und gröberen Stückchen von Trockenobst/Nüssen. Diese Kuchen waren, wie ich erst nach wiederholtem Nachfragen erfuhr, bei einem Volksaufstand gegen das Kaiserhaus in China die Transportverpackung für geheime Botschaften gewesen, die von Haus zu Haus weitergeschenkt wurden. Bis heute wird das Mondfest einen ganzen Monat im Jahr gefeiert, aber die subversiv-kreativ-kooperative Bedeutung spielt da keine Rolle mehr.
      • Sweet dumplings. Auch chinesisch: Ein süßer Kloß, Hefekloß vielleicht, aus Reismehl, außen weiß, innen schwarz, gefüllt mit irgendwas. In meinen Fall Adzukibohnen-Paste. Nicht aufregend, aber gut.
      • Herbal Egg (Kräuter-Ei): hartgekochtes Hühnerei, innen und außen dunkelbraun vom Kräutersud, soll wahnsinnig gesund sein und den Körper entgiften, nur für Herzschwache oder Fieberkranke nicht zu empfehlen. Diese Bemerkung führte dazu, daß ich mir das dampfende Ei einpacken ließ und erst am nächsten Morgen verzehrte, um nicht meine Nachtruhe zu riskieren wegen irgendwecher Hallowach-Kräuter. Und wieder: Äußerst lecker (sogar kalt), und ich lebe noch.
    • Getränke: Wie oben schon erwähnt, gibt es Getränke und Speisen selten am selben Platz zu kaufen. Man deckt sich also am besten mit dem ein, was man so kriegt, und bummelt weiter. Im Prinzip sind genug Dosengetränke zu haben, westliche Softdrinks für Feiglinge, Guaven- oder Lycheesaft mit oder ohne Cocosgummi-Würfelchen drin für neugierige Lauwarmduscher, aber das alles kriegt man auch zuhause, und es gibt deutlich spannenderes, z.B.:
      • Schonmal Zuckerrohrsaft getrunken? Grün und trüb. Frisch gepresst, ich war dabei und habs gesehen! Schmeckt grasig und süß. Mit Eis und Zitrone sogar erfrischend. 50cm Rohr geben nen halben Liter.
      • Noch netter: frisch geknackte junge Kokosnuß. Lecker! Kennt Ihr? Nein, die Milch von den alten, braunen Kokosnüssen, die in Deutschland ankommen, ist damit nicht zu vergleichen. Vergeßt es.
      • In Chinatown (und wahrscheinlich überall, wenn man die Augen offen hält) gibt es an jeder zweiten Ecke Medizinshops, die nicht nur Kräuter, sondern auch laufend frisch bereiteten, in Flaschen abgefüllten Tee verkaufen. Chrysanthemun soll kühlend wirken, schmeckt kräftig-holzwürzig, sehr dunkelbraunes Gesöff, ich fands lecker, war noch lauwarm. Bei einem anderen Teeshop gab es Weizengrassaft mit Honig , den halben Liter für einen SingDollar, ca. -,60 €. Als Reformhaustante weiß ich, daß sowas hier mindestens 6,- € pro Gläschen kosten würde, als extrem exklusives Lifestyle-Produkt. War lecker. Meine Shoppingführerin hat erneut ob meines Interesses gestaunt.
    • Was ich leider total ausgelassen habe, ist die lokale Spezialität 'Fishhead Curry' (Fischkopf-Curry). Leider keine Zeit gehabt. Warum nicht nächstesmal. Ich hab zwar auch nie Pfälzer Saumagen probiert, aber das heißt ja nicht, daß ich im Ausland genauso pingelig sein muß. Gerade dieser Fischkopf macht die Suppe ungeheuer dekorativ. Dieses Gericht gibt es laut Tourist Guide nur in Singapur.
  • daß man in Singapur shoppen kann, ohne schlafen zu gehen und auch ohne allzuviel nachzudenken:
    • zunächstmal ist wirklich alles preiswert. Insbesondere bei allem, was textil ist und bei Elektronik lohnt sich zwar der Vergleich zwischen den Händlern, nicht aber die Überlegung, ob man sich diesen Luxus nicht doch lieber verkneift. Ich habe ein vertragsfreies, nagelneues Sony-Walkman-Handy für umgerechnet 70 € stehen lassen, weil ich mir keinen Impulskauf leisten wollte auf einem Gebiet, wo ich mich kaum auskenne (klingt vernünftig?) nur um mich inzwischen hier in Australien drüber zu ärgern, denn mein altes Nokia der 33er-Serie gab gestern den Löffel ab. Rückblickend war das eben doch keine Sparentscheidung.
    • Den Rucksack von Jack Wolfskin für umgerechnet 14,50 € hätte ich bestimmt genommen, wenn er nicht so rosa gewesen wäre. Ein anderer einer unbekannten Marke in derselben Preisklasse begleitet mich nun stattdessen treu. Etwas schwerer gebaut, aber auch ein guter Deal. Wäre ich weniger geizig gewesen, hätte ich auch hochwertigere Markenrucksäcke für ein Drittel des deutschen Marktpreises abgreifen können.
    • Den kompakten Messerschleifer und Glasschneider für 12 € und die Epoxy-Zweikomponenten-Raparaturknete für 10 € hätte ich ruhig auch mitnehmen können. Hier in meinem (ersten) neuen Australischen Zuhause wäre dafür durchaus Verwendung. Hätte mir sogar Aussicht auf ein Kleingewerbe eröffnet, denn so irre organisiert sind die Haushalte hier offensichtlich nicht...
      Naja, träum weiter. Quintessenz aber ist: Ich halte viel von der Idee, im Juni nochmal in Singapur zu gastieren, und zwar zu den berühmten June Sales, wo der Bär steppt und alles reduziert wird, um dort meine Urlaubsbilanz durch gezielte Investitionen noch entscheidend aufzuwerten. Schaumermal. Bestellungen können schonmal unverbindlich aufgegeben werden.
  • daß ich eigentlich noch nix gesehen habe. Da wäre noch so vieles:
    • Festland
      • Duck Tour in City und Marina Bay in einem offenen Amphibienfahrzeug (Cabrio-mäßig umbgebautes Vietnamkrieg-Gefährt)
      • Vogelpark (soll der weltbeste sein)
      • Zoo und Nachtzoo
      • Binnenland mit Sümpfen (naja, lieber in mückenamer, kühler Jahreszeit wegen Dengue - vielleicht auch gar nicht)
    • Sentosa Insel (Ferienresort der Singapuresen)
      • Rosa Delphine und
      • Underwater World
    • wie schon oben erwähnt,
      • so viel unerprobtes Futter
      • Kleidung und andere Ausrüstung